Wilhelm Pieck wurde am 3. Januar 1876 in Guben als Sohn eines Kutschers geboren. Er besuchte die Volksschule, lernte danach Tischler und arbeitete bis 1906 in seinem Beruf. 1894 trat er dem Deutschen Holzarbeiterverband und 1895 der SPD bei. 1906-1910 war Wilhelm Pieck hauptamtlicher Sekretär der SPD in Bremen. Von Oktober 1907-März 1908 besuchte er die zentrale Parteischule in Berlin, wo Rosa Luxemburg und Franz Mehring zu seinen Lehrern zählten. 1910 wurde er als 2. Sekretär des Zentralen Bildungsausschusses der Partei und Sekretär der zentralen Parteischule nach Berlin berufen. Als eng mit den Parteimitgliedern verbundener entschiedener Gegner des Opportunismus und Revisionismus wurde er auch in Berlin bald ein populärer und einflussreicher Funktionär.
Nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges war Wilhelm Pieck an der Seite Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs maßgeblich an der Zusammenfassung der konsequent linken Sozialdemokraten beteiligt und erwies sich als einer der fähigsten Organisatoren und Agitatoren der Spartakusgruppe. Im Oktober 1915 wurde er zum Militärdienst eingezogen. 1917 flüchtete er aus einem Militärtransport, arbeitete zunächst illegal in Berlin und ging Anfang 1918 auf Beschluss der Spartakusgruppe nach Amsterdam, wo er das revolutionäre sozialistische Wochenblatt „Der Kampf“ mit herausgab. Ende Oktober 1918 kehrte er illegal nach Berlin zurück und wurde Mitglied des Vollzugsausschusses der revolutionären Obleute Berlins. Er gehörte der am 11. November gebildeten Zentrale des Spartakusbundes an. Während der Novemberrevolution 1918/1919 kämpfte er für den Sturz des Imperialismus und Militarismus und für die Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse. Eine umfangreiche Arbeit leistete er beim Aufbau der Gruppen des Spartakusbundes in Berlin.
Wilhelm Pieck gehörte zu den Begründern der KPD und war einer der beiden Vorsitzenden ihres Gründungsparteitages. Seit dem Gründungsparteitag war er Mitglied der Zentrale bzw. ZK der KPD, von 1920-1924 Leiter des Organisationsbüros der Zentrale, seit 1926 Mitglied des Politbüros und von Anfang 1926 bis Ende 1929 Politischer Sekretär der Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Lausitz. Als Vorsitzender der Roten Hilfe Deutschlands seit Mai 1925 hatte er entscheidenden Anteil an deren Aufbau und Entwicklung zu einer Massenorganisation. Unermüdlich propagierte Wilhelm Pieck in Wort und Schrift die Ideen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und die Anwendung ihrer Grundlehren durch die deutsche Arbeiterklasse. Seit 1921 war er ununterbrochen in verschiedenen Parlamenten der Weimarer Republik tätig und hatte wesentlichen Anteil an der Entwicklung einer elastischen und prizipienfesten kommunistischen Parlamentstaktik. Wichtige Aufgaben erfüllte Wilhelm Pieck in der internationalen kommunistischen Bewegung. Im Herbst 1921 vertrat er mit Fritz Heckert die KPD beim Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) und lernte W.I. Lenin persönlich kennen. Seit 1922 nahm er als Vertreter der KPD an zahlreichen Parteitagen von Bruderparteien teil. Seit Gründung der Internationalen Roten Hilfe (IRH) 1922 war er Mitglied ihres Exekutivkomitees. Auf dem VI. Weltkongress als Mitglied in das EKKI gewählt, vertrat er von Ende 1930 bis Mai 1932 erneut die KPD beim EKKI. Seit 1931 war er Mitglied des Präsidiums und des Politischen Sekretariats des EKKI.
Wilhelm Pieck gehörte zu den engsten Kampfgefährte Ernst Thälmanns, die maßgeblich die Entwicklung der KPD als marxistisch-leninistische Massenpartei prägten. Im Mai 1932 wurde er in das Sekretariat des ZK berufen und mit der Leitung der gesamten parlamentarischen Tätigkeit der KPD und der Arbeit der revolutionären Massenorganisationen beauftragt. Gleichzeitig übernahm er den Vorsitz der kommunistischen Fraktion im Preußischen Landtag. Er trug entscheidend dazu bei, dass der Kampf um die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und um das Zusammenwirken aller antifaschistischen Kräfte zum Hauptinhalt der parlamentarischen Tätigkeit der KPD wurde.
Nach Errichtung der faschistischen Diktatur rief Wilhelm Pieck am 23. Februar 1933 auf der letzten Wahlkundgebung der KPD im Berliner Sportpalast erneut zur Arbeitereinheit auf. Im Mai 1933 verließ er auf Beschluss der Parteiführung Deutschland. Er war maßgeblich an der Vorbereitung des VII. Weltkongresses der KI beteiligt und erstattete auf dem Kongress den Rechenschaftsbericht des EKKI. Als Mitglied des Präsidiums und Sekretariats des EKKI und Leiter dessen Balkansekretariats sowie von 1937-1941 als Vorsitzender des Exekutivkomitees der IRH wirkte er für die Durchführung der Volksfrontpolitik und für die Entfaltung einer breiten antifaschistischen Bewegung. Auf der Brüsseler Konferenz der KPD 1935 begründete er die Strategie und Taktik zur Herstellung der Einheitsfront der Arbeiterklasse und einer antifaschistischen Volksfront.
Für die Dauer der Kerkerhaft Ernst Thälmanns wurde Wilhelm Pieck beauftragt, dessen Funktion als Vorsitzender der KPD wahrzunehmen. Auf der Berner Konferenz der KPD 1939 begründete er das Programm für eine neue, demokratische Republik, die nach dem Sturz der faschistischen Diktatur in Deutschland errichtet werden sollte.
Wilhelm Pieck gehörte 1943 zu den Begründern des Nationalkomitees „Freies Deutschland“. Er war führend an dessen politischer und organisatorischer Tätigkeit beteiligt und leistete unter den deutschen Kriegsgefangenen eine erfolgreiche antifaschistische Aufklärungsarbeit. 1944/1945 leistete er im ZK der KPD einen bedeutenden politischen und theoretischen Beitrag bei der Ausarbeitung von Richtlinien für die antifaschistisch-demokratische Umwälzung nach dem Sturz des Hitlerregimes.
Am 1. Juli 1945 kehrte Wilhelm Pieck aus Moskau nach Berlin zurück und setzte seine ganze Kraft für die Einheit der Arbeiterklasse, für ein festes Bündnis aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte und für die konsequente Entmachtung des Imperialismus und Militarismus. Entscheidende Verdienste erwarb er sich bei der Vereinigung von KPD und SPD zur SED. Als Vorsitzender der SED von 1946-1954, gemeinsam mit Otto Grotewohl, Mitglied des Zentralsekretariats sowie seit 1949 Mitglied des Politbüros des Parteivorstandes bzw. des ZK der SED hatte Wilhelm Pieck hervorragenden Anteil an der Entwicklung der SED als Partei neuen Typs sowie bei der antifaschistisch-demokratischen Umgestaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens in der sowjetischen Besatzungszone. Die Festigung der Freundschaft zur Sowjetunion war ihm stetes Anliegen. 1949 übernahm er die Ehrenpräsidentenschaft der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft.
Am 11.Oktober 1949 wurde Wilhelm Pieck zum Präsidenten der DDR gewählt. Im Kollektiv der Partei- und Staatsführung gehörte er zu den hervorragenden Wegbereitern, Schöpfern und Gestaltern der DDR.
Als Präsident des ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates wirkte er viele Jahre führend am Aufbau des Sozialismus im Geburtsland von Marx und Engels, der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus, mit und trug wesentlich dazu bei, das internationale Ansehen der DDR ständig zu erhöhen.
Wilhelm Pieck starb am 7. September 1960.